Tiger, Bienen und Taiwaner... aktueller Stand der Technik?

  • Hallo,


    "eigentlich" interessieren mich ja vor allem die Wildformen der Zwerggarnelen, aber wie das so kommt, man liest und liest und wird dann doch angefixt mit verschiedenen Kreuzungen und Selektionen und so weiter.


    Wie sieht das denn nach der aktuellen Forschung so aus mit Tigern, Bienen, TiBees, Taiwanern und wie sie alle heißen?


    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist die erste rote Biene (C. logemanni "Red Bee") aus der Wildbienenform gefallen. Daraus wurden dann Formen wie C. logemanni "White Bee" oder "Snow White" usw. gezüchtet. Sind das spontane Mutationen gewesen oder sind die Gene für diese (rezessiv vererbten) Phänotypen schon in der "Urbiene" vorhanden gewesen? Weiß man das?

    Die Pure Red Line bezeichnet Stämme, denen das Snow-Gen fehlt, richtig? Aus diesen Stämmen können wiederum weiße Bienen fallen, allerdings haben diese kein Snow-Gen und das weiß unterscheidet sich von den "Snow White".

    Dann gibt es noch die Tigergarnelen, C. mariae. Die sind den Bienen sehr ähnlich und auch mit ihnen kreuzbar. Hier gibt es mehrere Wildformen, z.B. die "Tangarine Tiger" oder "rote Tiger" oder "blaue Tiger". Aus diesen entstanden die Hochzuchtformen wie Orange-Eye-Varianten oder "Darc Blue Tiger".

    Soweit, so gut und damit wird es dann kompliziert.

    Wie genau die Taiwaner entstanden sind oder sein sollen oder entstanden sein könnten; dazu liest man viel und wenig Genaues. Momentaner Stand der Forschung scheint zu sein: C. logemanni x C. mariae = Taiwan. Taiwan x Taiwan = Taiwan. Aber beschreibt die Bezeichnung "Taiwan Bee" jetzt den Phänotyp oder den Genotyp? Da gäbe es nämlich noch die TiBee, eine Kreuzung aus Tigergarnele und Bienengarnele.... :/

    Farbformen der Taiwan Bee sind (mindestens) King Kong, Panda, Red Ruby, Wine Red, Blue Bolt, Red Bolt. Aber damit es ja nicht zu einfach wird, wurden die Taiwaner fleißig rückgekreuzt (sowohl mit Bienen als auch mit Tiger) wodurch unzählige Farben und Muster wie Pinto entstanden sind?


    Mal ehrlich... Blickt da noch irgendjemand durch welchen Gene in welchem Phänotyp stecken? Gerade bei den ganzen Wundertüten-Mischungen und Rückkreuzungen weiß doch keiner mehr, was wie vererbt wurde? 8| Bzw. gibt es überhaupt "reine" Stämme von allen Garnelen, oder ist das teilweise eine undurchschaubarer Mix?


    Hoffe jemand kann ein bisschen Licht ins Dunkle bringen (* cheraxfan anschiel* ...) :saint:


    LG

    Annika

  • :) Die Tangerine Tiger würde ich nicht als "Tigergarnele (C.mariae)" bezeichnen, meines Wissens ist sie noch nicht bestimmt und läuft als C. cf. cantonensis (das cf. bedeutet "ähnlich wie"). Der Rest passt soweit. Wirklich echtes Wissen über die Herkunft der verschiedenen Eigenschaften (snow, taiwaner, orange eye) gibt es nicht, es wird aber vermutet das die 3 Eigenschaften in Klammer von der Tigergarnele stammen. Die Pintos könnten was mit Tangerine Tigern zu tun haben, jedenfalls habe ich in der F2 bereits Tiere mit Pintozeichnung (sind natürlich keine Pintos), es ist auch bekannt das Pintos nicht sonderlich erbfest sind.


    Zitat

    Mal ehrlich... Blickt da noch irgendjemand durch welchen Gene in welchem Phänotyp stecken? Gerade bei den ganzen Wundertüten-Mischungen und Rückkreuzungen weiß doch keiner mehr, was wie vererbt wurde? 8| Bzw. gibt es überhaupt "reine" Stämme von allen Garnelen, oder ist das teilweise eine undurchschaubarer Mix?


    Deswegen werden die alten Stämme immer wichtiger und kostbarer, weil man halt ganz genau weiß was drin steckt. Ansonsten ist das Vertrauenssache und geht meist schief, bzw. häufig weiß einfach keiner was in den Tieren drin steckt. Diese ganzen Mutationsgene sind alle rezessiv und können über Generationen unerkannt weitergegeben werden.

  • Danke für deine Antwort. :)

    Deswegen werden die alten Stämme immer wichtiger und kostbarer, weil man halt ganz genau weiß was drin steckt. Ansonsten ist das Vertrauenssache und geht meist schief, bzw. häufig weiß einfach keiner was in den Tieren drin steckt.

    Eben das hatte ich befürchtet. =O Sehr schade.


    Wirklich echtes Wissen über die Herkunft der verschiedenen Eigenschaften (snow, taiwaner, orange eye) gibt es nicht, es wird aber vermutet das die 3 Eigenschaften in Klammer von der Tigergarnele stammen.

    Taiwan kann ja eigentlich kein rein dominant-rezessives Merkmal sein, oder? Sonst müssten doch statistisch verteilt Homozygote in reinen Tigerstämmen fallen?

  • @Winni, findest Du? Bei den Neos bin ich nicht so drin in der Vererbung der einzelnen Merkmale. Wenn man sich die verschiedene Ausprägung des Rostrums bei verschiedenen Tieren anschaut (von lang bis fast nicht vorhanden), könnte man zu dem Schluss kommen das wohl mehr als eine Art dahinter steckt.


    Annika_95

    Zitat

    Taiwan kann ja eigentlich kein rein dominant-rezessives Merkmal sein, oder? Sonst müssten doch statistisch verteilt Homozygote in reinen Tigerstämmen fallen?

    Nach allem was ich darüber weiß ist "Taiwan" schon klar rezessiv, jedenfalls hatte ich meine damaligen Taiwaner aus F1-Mischern gezogen. Die so entstandenen Taiwaner hatten alle Farben also schwarz, rot und bolt (snow), brachten untereinander verpaart nur Taiwaner-Nachwuchs natürlich ebenfalls in allen Farben.

    Nehmen wir zum Spaß einmal an, "Taiwan" kommt von der Tigergarnele, bei den Taiwanern führt es zu einer Farbverstärkung. Wenn es bei einer reinen Tigergarnele dasselbe bewirkt, kann es sein das lediglich die Streifen etwas kräftiger werden und das Gen im Phänotyp kaum auffällt. Ist aber alles Spekulation.

  • Nehmen wir zum Spaß einmal an, "Taiwan" kommt von der Tigergarnele, bei den Taiwanern führt es zu einer Farbverstärkung. Wenn es bei einer reinen Tigergarnele dasselbe bewirkt, kann es sein das lediglich die Streifen etwas kräftiger werden und das Gen im Phänotyp kaum auffällt. Ist aber alles Spekulation.

    Ah, das hatte ich natürlich nicht bedacht... Stimmt.


    Ich habe mir nun breeders'n'keepers Vol.3 gekauft, da ist ein (sehr sehr kurzer) Artikel in dem "Skyfish" erwähnt wie er zu seinen ersten Taiwanern kam, den werde ich mir nun zu Gemüte führen.

  • Freut mich, dass ihr an meinem Irrweg gefallen findet. :thumbsup:


    Im oben genannten Artikel (S. 9) wird erwähnt, dass nach vielen Generationen der Kreuzung zwischen "Weiße Biene, Orange (Tangarine) Tiger und Crystal Red/Black" endlich eine Taiwan Galaxy Pinto fiel. Nicht sehr ergiebig, wie ich leider finde... Ein paar Seiten weiter aber geht Monika Pöhler auf den Unterschied zwischen "Taiwan Pintos" und "German Pintos" ein. Letztere eben von deutschen Züchtern aus C. mariae und C. logemanni gezogen, erstere auch mit anderen Garnelen; Unterschied sei der Rückenstrich bei den Taiwan Pintos, der zu Skunk-Phänotypen führt (M. Pöhler, Breeders'n'Keepers Vol. 3, S. 24).


    In ebendieser Zeitschrift gibt es auch einen Artikel von Werner Klotz zum Thema Merkmale der Tigergarnele (C. mariae), in dem er auch erklärt, dass eine Fortpflanzungbarriere (wie z.B. im Habitat von C. mariae und C. cantonensis) in biologischer Wildnis eben nicht zu 100% vollständig funktionieren muss. Unter dem hohen Feinddruck fallen Hybride, selbst wenn sie zufällig fortpflanzungsfähig sein sollten, neben den innerartlichen Verpaarungen statistisch unter den Tisch, im Aquarium aber eben gerade nicht. "Kreuzungsversuche zum Testen von Artgrenzen haben damit in Wirklichkeit nur sehr bedingte Aussagekraft." (W. Klotz, Breeders'n'Keepers Vol. 3, S. 23). Gut, sich das nochmal in Erinnerung zu rufen.


    Auch die Super-Form der C. logemanni (Super Crystal Red) steht im Verdacht Shadow-Gene intus zu haben, die von Tigergarnelen stammen. Umgekehrt wird auch Linien der roten C. mariae eine Einkreuzung von C. logemanni (Crystal Red) unterstellt (U. Bauer, siehe hier).


    Zum Thema Kreuzung C. mariae und C. logemanni gibt es aber auch noch weitere interessante Informationen von Monika Pöhler, die sie in der Caridina 1/20 beschreibt. Den Artikel in englischer Sprache gibt es auf ihrer Website kostenlos zum Download. Das im Schema dargestellte Level 2 (F1) macht schon einige Probleme klar: Hier gibt es Phänotyp "schlechte" Biene (Teil G) aber mit Genotyp Biene/Tiger. Außerdem viele braune intermediäre Tiere (Tigermuster dominieren, Mischmasch an Ausprägungen, Teil C), die man wahrscheinlich auch als "schlechte" oder "besondere" Tiger bezeichnen könnte. Es fallen aber auch Phänotypen, die Snow White, White Ghost oder King Kong ähneln (Teil F).



    Über die Reinheit der heutigen (und mancher damaligen) Stämme muss man wohl tatsächlich spekulieren. Wer weiß schon, ob nicht vor x Generationen doch mal ein Tiger zwischen Bienen schwamm oder umgekehrt und sich genetisch verewigt hat. 8)


    Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich gaaaaaaaaaaanz dringend einen Keller mit 1000 Becken zu verschiedenen Kreuzungsansätzen brauche. :saint:

  • Über die Reinheit der heutigen (und mancher damaligen) Stämme muss man wohl tatsächlich spekulieren. Wer weiß schon, ob nicht vor x Generationen doch mal ein Tiger zwischen Bienen schwamm oder umgekehrt und sich genetisch verewigt hat.

    Anfang der 2000 Jahre bekam ein befreundeter Importeur immer massenhaft "Mixed-Shrimps". Da war gerade bei Tigergarnelen alles dabei was man sich nur wünschen konnte, rötliche, bläuliche, mit und ohne Rückenstrich, ähnlich wie Supertiger usw., auch die verschiedensten Hummelgarnelen (auch wenige rote) waren dabei. Seltsamerweise überhaupt keine Bienengarnelen. Damals dachte ich das seien Wildfänge, heute denke ich eher das war der Überschuss aus Kreuzungsversuchen.